FH oder Uni: Was ist besser?

Symbolbild Wegweiser

Universitäten und Fachhochschulen liegen im ewigen Clinch. Dabei werden sie sich immer ähnlicher.

Wir haben Vorurteile und Klischees überprüft:

Klischee 1: An der FH studieren Praktiker/innen, Uni-Studierende pauken die Theorie.

Ursprünglich gab es diese Aufteilung tatsächlich. FHs wurden mit dem Ziel gegründet, während des Studiums möglichst viel Praxis zu vermitteln. Mit den neuen Abschlüssen Bachelor und Master wird das nun anders: Auch Studiengänge an den Unis sollen stärker auf den Beruf vorbereiten.

Und tatsächlich: Es bewegt sich etwas. "Vor allem in den Geisteswissenschaften ist eine Veränderung deutlich spürbar", sagt Doris Herrmann, Geschäftsführerin der Akkreditierungsagentur AQAS in Bonn, "Praktika werden stärker in die Stundenpläne integriert." Die insgesamt sechs Akkreditierungsagenturen in Deutschland prüfen die neuen Angebote auf Tauglichkeit und Berufsorientierung. Selbst klassische Orchideenfächer wie Ostasien-Studiengänge bekommen einen Berufsbezug. Die Ruhr-Universität Bochum hat etwa den neuen Bachelor-Studiengang "Wirtschaft und Politik Ostasiens" eingeführt, bei dem Studierende acht Wochen lang Praktika absolvieren oder gleich nach Asien fahren.

In Fächern wie den Ingenieurwissenschaften dagegen legen auch Unis traditionell viel Wert auf eine ausgeprägte Praxisorientierung - die theoretischen Grundlagen spielen jedoch in der Regel eine größere Rolle als an der FH. Bei der Wahl der Hochschule sollten Studieninteressierte auf das eigene Bauchgefühl hören: "Die Lernkultur der Hochschultypen sollte ausschlaggebend sein", rät Wolfgang Loggen von der Zentralen Studienberatung an der RWTH Aachen. Das Studium an einer FH zeichne sich etwa durch kleinere Lerngruppen aus. "Studieninteressierte, die sich nicht vorstellen können, mit mehreren Hundert Kommilitonen im Hörsaal zu sitzen, sollten lieber eine FH wählen", so Loggen. Tatsächlich zeigt der aktuelle Studienqualitätsmonitor des Hochschul-Informations-Systems (HIS): Besonders Uni-Studierende leiden unter überfüllten Hörsälen. 50 Prozent sehen sich beim Lernen beeinträchtigt, bei den FH-Studierenden sind es nur 20 Prozent.

Klischee 2: Uni-Studierende sind schlauer als die Kommiliton/innen von der FH.

Das ist natürlich Quatsch. Und trotzdem werden FH-Studierende schon mal mit diesem Vorurteil konfrontiert: Viele Uni-Kommilitoninnen und Kommilitonen unterstellen ihnen, für die Uni nicht das Zeug zu haben.

Auch wenn dieses Klischee nicht stimmt - Unterschiede zwischen den Studierenden gibt es. Die letzte Sozialerhebung des Deutschen Studierendenwerks zeigt: Universitäten locken vor allem Studierende aus höheren sozialen Schichten, Fachhochschulen sind eher bei Kindern aus Arbeiterfamilien beliebt. Die soziale Herkunft bestimmt auch die Fächerwahl. "Kinder aus einkommensschwachen Familien entscheiden sich oft für ein Studium der Pädagogik oder Ingenieurwissenschaften", sagt Stefan Grob vom Deutschen Studierendenwerk, "höhere soziale Gruppen wählen eher Physik, Astronomie oder Musik." Laut Sozialerhebung studieren 83 Prozent der Kinder aus Akademikerhaushalten. Haben die Eltern keinen Uni-Abschluss, sind es gerade mal 23 Prozent. Eine gängige Erklärung: Oft fehlen Kindern aus Arbeiterhaushalten die Vorbilder. "Wir fordern schon lange, die Hochschulen stärker zu öffnen", sagt Stefan Grob, "dafür brauchen wir unter anderem eine bessere finanzielle Absicherung."

Klischee 3: Uni-Studierende bummeln gerne, an der FH ist das Studium straffer.

Als alle Studierenden noch die alten Abschlüsse Magister und Diplom bekamen, waren die Vorurteile klar: An der FH ist das Studium viel verschulter - und deshalb einfacher, so ein gängiges Vorurteil von Uni-Absolventinnen und -Absolventen. Die galten bei FH-Anhängerinnen und -Anhängern wiederum als Bummelanten, weil sie die Regelstudienzeit gerne um ein paar Semester überschritten.

Mit Bachelor und Master hat sich die Situation geändert. Ein Bachelor-Studium umfasst in der Regel 180 bis 240, der kürzere Master 90 bis 120 Credit-Punkte - unabhängig davon, ob es sich um ein FH- oder Uni-Studium handelt. Das Lernen ist aber trotzdem anders: "Ich habe das Gefühl, dass ich an der Uni weniger Unterstützung oder klare Vorgaben bekomme", sagt der angehende Elektrotechniker Julian Guddat. "Vorlesungen sind oft schwammig und haben auch gerne mal nichts mit den Übungen oder Klausuren zu tun." Der 24-Jährige kennt beide Hochschulformen. An der Hochschule Darmstadt (FH) absolvierte er zunächst seinen Bachelor in Mechatronik, dann wechselte er für sein Master-Studium an die TU München.

Klischee 4: Ein Wechsel zwischen FH und Universität ist nicht möglich.

In Zeiten von Bachelor und Master ist die einmal getroffene Entscheidung für Universität oder Fachhochschule keine Einbahnstraße mehr. Bachelor-Abschlüsse von Fachhochschulen und Universitäten sind formal gleichwertig. Keine Uni darf Bewerbungen von FH-Absolventinnen und -Absolventen für ihre Master pauschal ablehnen. Dagegen hatten sich anfangs vor allem Technische Universitäten gesträubt, inzwischen sind die meisten offener geworden. Jedoch: Die Plätze sind begrenzt, und Hochschulen legen die Zulassungskriterien selbst fest. In der Regel sind dies gute Noten. Manchmal müssen Bewerberinnen und Bewerber von anderen Hochschulen eine Prüfung absolvieren oder andere Zulassungskriterien erfüllen.

So wie Michael Heck: Nach dem Informatik-Bachelor an der FH Trier bewarb sich der 23-Jährige für den Master an der Technischen Universität (TU) Kaiserslautern. Der Leiter des Studiengangs lud den FH-Absolventen zu einem Gespräch ein und prüfte eigenhändig seine Studienunterlagen. "Natürlich hatten wir an der Fachhochschule weniger Theorie gemacht, uns dafür aber stärker mit Programmiersprachen beschäftigt", sagt Heck, der schließlich für das Master-Programm zugelassen wurde. Allerdings musste er noch einige Veranstaltungen aus dem Bachelor-Programm der Uni besuchen, etwa eine Vorlesung in Numerik. "Das hat mich etwa zwei Drittel eines Semesters gekostet", so Heck. Übrigens: Wer sich mit einem Uni-Bachelor für einen Master an der Fachhochschule bewirbt, muss sich darauf einstellen, dass Studieninhalte genauso abgeklopft werden wie umgekehrt.

Klischee 5: Fachhochschulen sind provinziell, nur an der Uni bekommt man eine internationale Ausbildung.

Egal ob Uni oder Fachhochschule - es gibt kaum eine akademische Ausbildungsstätte mehr, die sich nicht dem Ziel Internationalisierung verschrieben hat. Große Unis eröffnen Büros im Ausland - wie die FU Berlin, die unter anderem in New York, Peking und Delhi präsent ist. Andere bauen im Ausland gleich komplette Unis auf, so wie die RWTH Aachen in Oman. Auch für viele Fachhochschulen gilt mittlerweile: In der Provinz daheim, in der Welt zu Hause.

Die Hochschule Magdeburg-Stendal etwa unterhält nicht nur mehrere internationale Studiengänge, sondern baut nach dem Muster deutscher Fachhochschulen die German Jordanian University in Amman auf. "Einige Fachhochschulen profilieren sich besonders stark durch internationale Kooperationen und Studienprogramme", sagt Patrick Neuhaus, Referent im Bologna-Zentrum der Hochschulrektorenkonferenz. 40 Prozent der Uni-Absolventinnen und -Absolventen des Jahrgangs 2005 hatten laut einer Absolventenstudie des Hochschul-Informations-Systems (HIS) einen studienbezogenen Auslandsaufenthalt vorzuweisen, FH-Absolventinnen und -Absolventen zu 30 Prozent. Dabei sind Uni-Studierende meist in einem anderen Land an einer Hochschule eingeschrieben, bei Fachhochschülern dominiert das Auslandspraktikum.

Klischee 6: Wer Karriere machen will, muss an die Uni.

Von wegen! Schon beim Job-Einstieg punkten die Fachhochschülerinnen und Fachhochschüler. Wie eine Absolventenbefragung des "Spiegels" 2007 ergab, finden FH-Absolventinnen und -Absolventen quer durch fast alle Fachbereiche schneller eine Vollzeitstelle als ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen von der Uni. Vor allem die begehrten Nachwuchsingenieurinnen und -ingenieure werden vom Fleck weg eingestellt. Auch danach geht es für FHlerinnen und FHler mit der Karriere schneller voran: Fünf Jahre nach Studienabschluss arbeiten laut einer HISAbsolventenstudie rund ein Drittel der Fachhochschul-Alumni in einer Leitungsfunktion. Dies trifft nur auf ein Fünftel der Uni-Absolventinnen und -Absolventen zu.

In einigen wenigen Unternehmen muss man aber mit FH-Abschluss immer noch grundsätzlich draußen bleiben. Dazu gehören die großen Strategieberatungen wie McKinsey oder die Boston Consulting Group (BCG): "Wir möchten weiterhin die besten Universitätsabsolventen für eine Beraterkarriere gewinnen", sagt BCG-Pressesprecherin Heidi Polke. Auch im TopManagement sind FH-Absolventinnen und -Absolventen selten zu finden. "Für Positionen in der Leitungsebene unterhalb des Vorstands werden Uni-Absolventen bevorzugt", sagt Jens Hohensee, Senior-Berater bei Kienbaum Executive Consultants. Die Vorstände der Dax-Unternehmen haben fast alle ein Uni-Diplom, viele sogar einen Doktortitel. Rupert Stadler, Vorstandsvorsitzender von Audi, der an der Fachhochschule Augsburg BWL studiert hat, ist (noch) eine der wenigen Ausnahmen.

Klischee 7: Mit Uni-Abschluss verdient man mehr.

Für die aussterbende Gattung der Diplomstudiengänge stimmt diese Vermutung. Laut der Vergütungsberatung Personalmarkt steigt eine BWLerin oder ein BWLer mit Uni-Diplom im Schnitt mit 41244 Euro Bruttogehalt pro Jahr ein, das FH-Diplom ist demnach 38386 Euro wert. Für eine Maschinenbauerin oder einen Maschinenbauer zahlte sich der Diplomingenieur von der Uni mit 44346 Euro aus, der FH-Abschluss brachte 42350 Euro ein.

Auch nach fünf bis zehn Jahren im Beruf liegen Uni-Absolventinnen und -Absolventen vorne: Die Uni-BWLerin bzw. der Uni-BWLer verdient im Schnitt 59565 Euro, die Kolleginnen und Kollegen von der FH müssen sich mit 54064 Euro zufriedengeben. Bei den Maschinenbauerinnen und Maschinenbauern sind es 58396 Euro mit Uni-Diplom und 55309 Euro für den FH-Abschluss. Bei den Bachelor-Gehältern trennt der Personalmarkt nicht zwischen Uni und FH. "Durch die neuen Abschlüsse wird sich das Vergütungssystem ändern", sagt Jens Hohensee von Kienbaum, "es wird darauf ankommen, ob man einen Master hat oder nicht."

Klischee 8: An den Fachhochschulen wird nicht geforscht.

Dieses Vorurteil hält sich zwar hartnäckig, stimmt aber nicht. Viele Fachbereiche an Fachhochschulen arbeiten an Themen, die in der Wirtschaft gerade gefragt sind. Dafür pflegen sie enge Kooperationen mit Unternehmen. Um ihre Forschungsarbeiten zu verstärken, bekommen die Fachhochschulen einen großen finanziellen Zuschuss. 2006 rief das Bundesbildungsministerium (BMBF) das Programm "Forschung an Fachhochschulen" ins Leben. Rund 30 Millionen Euro fließen pro Jahr in drei unterschiedliche Förderlinien: Die Forschung an Fachhochschulen mit Unternehmen, die Qualifizierung des Ingenieurnachwuchses und die Profilierung der neuen Technologien. "Für die Fachhochschulen ist das ein nennenswerter Betrag", sagt Tiziana Zugaro, Pressereferentin im Ministerium.

Die 30 Millionen sind allerdings kein Vergleich zu den 1,9 Milliarden Euro, die die Universitäten von Bund und Ländern durch die Exzellenzinitiative bekommen. Insgesamt profitieren hier 39 Graduiertenschulen, 37 Exzellenzcluster und neun Unis von dem Geld. "Bei der Exzellenzinitiative geht es darum, die Spitzenforschung an Universitäten im internationalen Wettbewerb zu fördern", sagt Tiziana Zugaro. Ärgerlich für die Fachhochschulen: Sie konnten sich beim Elite-Wettbewerb nicht direkt beteiligen. Lediglich einigen wenigen FHs ist es gelungen, durch Kooperationen mit Unis etwas vom Förderkuchen abzubekommen. Eine Fortsetzung der Exzellenzinitiative ist in Planung - auf eine eigene Förderung dürfen die Fachhochschulen aber wohl nicht hoffen.

Quelle: www.karriere.de

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